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Der Weißbär in London Weißbär-Episode 2 (Teil 2)
Der
Weißbär trug Jane auf den Schultern bis in ihr Bett, und - wie es sich für
einen Gentle-Weißbären gehört - legte sich ins Wohnzimmer auf die Couch. Am nächsten
Morgen - so gegen 12:00 Uhr
- erwachte das weibliche Wesen aus seinem tranceartigen Zustand. Der Weißbär
hatte inzwischen den Tisch gedeckt (so mit Kerzen, Fischbesteck und dem guten
Porzellan), Kaffee gekocht, Eier gebraten, Bohnen fritiert, Fisch entgrätet und
Toast angeschwärzt. Nachdem
Jane eine halbe Stunde geduscht hatte, setzte sie sich zum Weißbären an den Frühstückstisch.
Ihr Kopf hämmerte immer noch wie ein Walzwerk mit Schallverstärker, und sie
hatte große Mühe, sich auf dem Stuhl festzuhalten. Jane
sagte: „Du mußt ja gestern ganz schön viel Geld losgeworden sein.“ Der
Weißbär sagte: „Eigentlich nicht. Ich besitze übrigens gar kein Geld.
Schließlich bin ich ja ein Weißbär. Aber du bist gestern Abend rund 350
Kilogramm losgeworden.“ Jane
war verwundert: „350 Kilogramm?“ „Na
ja, der Kellner kam an und wollte 700 Pfund haben. Und da sagte ich ihm, daß es
nicht mehr Pfund, sondern Kilogramm heißt.“ Jane
war nun noch mehr verwundert. „Soll
das heißen, ich habe die Rechnung bezahlt. Wieviel Pfund waren das noch mal?“ „700.
Ist das viel?“ Jane
lagen schon die Tränen in den Augen. „Ob
das viel ist? Für so viel Geld muß ich mehrere Wochen arbeiten. Und du verpraßt
es einfach so.“ „Aber
du hast doch auch was getrunken.“ sagte der Weißbär daraufhin. Er fühlte
sich völlig unschuldig. „Na
und ob. Du hast mich doch schließlich eingeladen.“ Der
Weißbär überlegte. ‘Das stimmt ja einerseits, aber andererseits hätte sie
auch damit rechnen müssen, daß ich kein Geld habe.’ Er
sagte dann: „Na gut, dann geh ich halt zum Restaurant hin und verlange das
Geld zurück. Ich wasche auch das Geschirr ab.“ Darauf
fing Jane laut an zu lachen: „Du
glaubst doch nicht im Ernst, daß sie sich darauf einlassen. Außerdem brauchst
du doch ewig, bis du das Geld abgearbeitet hast.“ „Nichts
da! Bei meinem Stundenlohn von... 300 Pfund oder so geht das ganz schnell.“ Also
ging der Weißbär erst einmal. Rein zufälligerweise kam gerade das Taxi
vorbei, was den Weißbären schon am letzten Abend transportierte. Der Weißbär
registrierte den Fahrer sofort an seiner dummen Fresse, und er hielt das Taxi
sehr effektvoll an, indem er gleich mal auf die Motorhaube sprang. Der
Fahrer wollte den Weißbären unter keinen Umständen noch einmal mitnehmen (da
fragt man sich wohl warum?!). Der
Weißbär sagte: „Ich zahle auch den dreifachen Preis.“ Da
überlegte sich der Taxifahrer, daß er sich für so viel Knete das Taxi ruhig
noch mal vollkotzen lassen könnte. Er fuhr also den Weißbären wieder zum
Lokal. Aber der Weißbär hatte sich inzwischen schon die passende Antwort
zurechtgelegt und sagte zum Taxifahrer: „Ich
habe gestern nichts bezahlt. Drei mal nichts ist immer noch nichts. Also bis
bald.“ Daraufhin
verließ er das Taxi. Der Fahrer schlug vor Wut seinen Kopf gegen das Lenkrad,
wobei sich der Airbag nicht öffnete, weil er gar nicht vorhanden war. Der
Weißbär ging nun in das Restaurant, wo man ihn gleich freundlich empfing, weil
man gut zahlende Gäste (oder deren Begleitung) sofort wiedererkennt. „Ich
möchte den Manager sprechen.“ sagte der Weißbär zum Kellner. „Natürlich.
Bitte warten Sie hier, mein Herr.“ Nun
überlegte sich der Weißbär, daß er eigentlich gar keine Lust hatte, zu
arbeiten, und womöglich noch Spültatzen zu bekommen. Bald darauf kam der
Manager. „Gibt
es ein Problem, mein Herr?“ Der
Weißbär ging diplomatisch vor: „Es
ist mir ja selbst unangenehm, noch einmal unter diesen Umständen in Ihrem
Restaurant aufzutauchen, aber leider komme ich mit einer schlechten
Nachricht.“ Der
Manager war schockiert. „Was ist denn passiert?“ „So
genau weiß ich das auch nicht. Auf jeden Fall bekam meine Begleitung von dem
Champagner Ausschlag im Gesicht, und dann mußte ihr im Krankenhaus der Magen
ausgepumpt werden. Verdacht auf Lebensmittelvergiftung. Und das ausgerechnet
jetzt, wo sie doch heute den 10 Millionen Dollar-Vertrag mit einer
amerikanischen Import-Export-Firma unterzeichnen wollte. Sie wollte ja gleich
mit einer Schadensersatzforderung zu den Rechtsverdrehern kriechen, aber ich bin
der Meinung, man kann die Sache auch seriöser regeln. Ich meine, ohne viel
Staub aufzuwirbeln, sich an die Presse zu wenden oder das Lokal schließen zu
lassen oder solche Dinge.“ Der
Manager wurde ganz blaß im Gesicht: „Oh, wie bedauerlich. Das tut mir
wirklich furchtbar leid. Wie wäre es, wenn ich Ihnen 20 000 Pfund als Entschädigung
mitgebe?“ Der
Weißbär ließ sich die Summe kurz durch den Kopf gehen und sagte: „Ich sehe
schon, daß wir uns richtig verstehen. Ich weiß bloß nicht, ob sie sich mit so
einem Taschengeld zufrieden gibt. Sie ist bestimmt noch eine Woche ans Bett
gefesselt.“ Jetzt
überlegte der Manager scharf. Was sollte er nur tun? „Na
gut, ich lege noch mal 30 000 Pfund drauf. Und sie beide können jederzeit unser
Lokal gratis benutzen.“ „In
Ordnung, ich bin einverstanden.“ sagte der Weißbär. „Da nehme ich doch
gleich mal eine Flasche Champagner.“ Also
kippte sich der Weißbär erst einmal die Flasche Sprudel hinter, gab ein paar
undefinierbare Geräusche von sich, nahm dann den Geldkoffer und verschwand
wieder. Diesmal
hatte der Weißbär kein Glück mit dem Taxi. Und er haßt es, zu warten. Doch
kurz danach hielt doch glatt ein Rolls Royce Cabriolet vor dem Restaurant. Der
Weißbär dacht sich, damit wär’s auch ganz bequem (obwohl ihm ein Bentley
lieber gewesen wäre). Als nur noch der Fahrer im Wagen saß, ging der Weißbär
zu ihm hin und sagte: „Dringendes
Telefongespräch an der Rezeption für Sie.“ Der
Chauffeur ließ sich davon nicht beeindrucken. „Was
für ungehobelte Manieren der Herr doch hat.“ antwortete der Fahrer, wobei
sich der Weißbär nicht so sicher war, mit wem er eigentlich quatschte. Doch er
wollte sich das auf keinen Fall bieten lassen. „Ich
werde dir gleich was hobeln!“ antwortete er forsch. „Nun
wird der Herr im weißen Pelz aber frech. Halten Sie Distanz.“ „Welchen
Tanz? Ist auch egal.“ Der Weißbär ging wieder ins Lokal und kam ein paar
Minuten später mit einer Flasche James Water violettes Etikett wieder
heraus.“ Der
Fahrer war beeindruckt. „Jesus! Ein edler Tropfen. Oh, mein Herr, dürfte ich
wohl einen Schluck haben.“ Schnell
nahm man zwei Gläser aus dem Handschuhfach, und schon erzählte der Fahrer, der
übrigens George hieß, von seiner verkorksten Karriere, als er von der Oxford
University flog, weil er nicht paddeln konnte, dann beim Militär in Unehren
entlassen wurde, weil er angeblich ein Aktfoto der Queen in seinem Spind hatte.
Doch endlich bekam er seinen Traumjob als Chauffeur beim Lord Squareshire. Als
George die halbe Flasche geleert hatte, stieg er aus, nahm die Flasche und
torkelte die Straße entlang. Jetzt nahm der Weißbär die Gelegenheit wahr und
stahl das ebenso weiße Auto. Als
er bei Jane angekommen war, hupte er laut, und sie warf einen Blick zum Fenster
raus, welcher zum Glück das Auto nicht traf. Sie
wunderte sich zuerst, doch der Weißbär berichtete ihr kurz alles. Jane freute
sich natürlich riesig über die £ 50 000. Der Weißbär sagte, daß er
vielleicht noch mal bei ihr vorbeischauen wollte. Den Rolls Royce ließ er ihr
auch da, weil er doch lieber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren wollte. Also
ging der Weißbär erst einmal durch die Straßen. Als er durch einen Park ging,
begegnete er einem Grauhörnchen. Das Grauhörnchen wunderte sich, hier einen
Weißbären zu sehen. „Was
glotzt du mich so unqualifiziert von unten an?“ fragte der Weißbär. „Ich
glaube wohl, du hast dich verirrt. Das hier ist nicht Grönland. Wie kommst du
überhaupt hierher?“ „Natürlich
bin ich mit einem Flieger hergekommen, du Erdnußfresser. Ich will halt was von
der Welt sehen. Du kennst bestimmt bloß den Park hier. Wie langweilig.“ „Da
irrst du dich aber. Ich bin schon mal auf einer Säule gewesen, wo ich von oben
einen guten Überblick über die Stadt hatte.“ „Das
klingt ja interessant. Aber ich will dir nun nicht länger zuhören, du kleiner
Baumhüpfer. Tschüs dann.“ Der
Weißbär ging nun weiter und kam bald auf einen großen Platz, der voll von
Taubenscheiße und deren Verursacher war. Hier befand sich die Säule, welche
das Grauhörnchen wohl gemeint hat. Oben befand sich so eine Gestalt aus längst
vergangener und vergessener Zeit. Kurzerhand kletterte der Weißbär an der Säule
hoch, was die Leute doch beeindruckte. Doch in Höhe der Figur fand es der Weißbär
doch nicht so bequem, und der Blick des Steinklotzes konnte den Weißbären
schon ein bißchen erschrecken. Mittlerweile
war auch die Polizei alarmiert. Auch die Feuerwehr (diesmal eine mit Leiter,
Schlauch und so) und ein Krankenwagen trafen ein. Dabei dachte der Weißbär
noch, er sähe nicht wie so aus wie ein Selbstmordkandidat. Kurze
Zeit später flog ein Hubschrauber mit einem Käfig vorbei. Der Weißbär ahnte
schon etwas schreckliches, denn bestimmt hatte der örtliche Zoo noch keinen Weißbären
ausgestellt, um ihn den gaffenden Zuschauern zu präsentieren. Geschickt sollten
zwei Außenposten den Weißbären einfangen. Als
der Hubschrauber nahe genug an die Statue herangeflogen war, nahm der Weißbär
die erste Person und warf sie in den Käfig. Der andere Mann versuchte indessen,
den Weißbären mit einem Seil zu fangen. Doch der Weißbär schnappte sich das
Seil, fesselte den Mann fesselte den Mann und zerrte ihn zu sich hinüber.
Anschließend band er ihn an der Statue fest. Danach
kletterte der Weißbär den Käfig hinauf bis zur Hubschraubertür und klopfte höflich
an. Als ihm niemand öffnete, zerrte er mal kurz an der Tür, und schon war sie
offen. Der
Pilot war nun doch überrascht. Der Weißbär warf ihn gleich auf den Käfig,
welchen er dann vorsichtig abseilte. Leider reichte das Seil nicht ganz bis
unten. Der Weißbär flog nun etwas tiefer. Doch da hobelte er mit den Rotoren
auch schon den Hut der Statue ab. Nachdem der Pilot abgesprungen war, schnitt
der Weißbär das Seil durch. Durch den Kontakt der Rotoren mit der Steinsäule
ließ sich der Hubschrauber natürlich immer schlechter steuern. Doch schon
wenige hundert Meter schien eine geeignete Landebahn zu sein. Doch der Weißbär
dachte sich, daß er mit einem defekten Hubschrauber
garantiert nicht landen konnte, ohne daß ihm das Ding um die Ohren flog.
Er versuchte an Höhe zu gewinnen. Als er sich über einem See befand, schnappte
sich der Weißbär zwei Fallschirme und sprang hinaus. Geschickt landete er im
weichen Gras neben dem See. Der Hubschrauber hatte unterdessen keine Lust mehr,
in der Luft zu bleiben, und stürzte in den See, wobei die Enten sich doch ganz
schön erschreckten. Völlig
unbemerkt suchte der Weißbär das Weite. Nicht daß man ihn noch verdächtigt,
und er am Ende den ganzen Müll wieder aus dem See fischen muß (mit einer Angel
- oder auch ohne).
Weißbär / Der Weißbär in London / Rechnung / Restaurant / Hubschrauber Stand: 04.03.07
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