Der Fahrzeugkauf

 

Nach oben

 

Der Fahrzeugkauf

Weißbär-Episode 1

Nachdem der Weißbär diesen rosafarbenen Wisch mit seinem abgestempelten Passbild erhalten hatte, dachte er sich, dass er sich nun ein Fortbewegungsmittel zulegen müsste. Aber er überlegte hin und her, und auch wieder hin, was er sich für eins kaufen könnte. Einerseits zog er einen Mercedes in Betracht, da dieser gut zum Angeln geeignet sein soll (woher er diese Erkenntnis schon wieder hat). Andererseits würde er gerne eine Concorde besitzen, um möglichst schnell an einem x-beliebigen Ort der Welt zu sein. Und vor allem sehen alle Concorde fast überall weiß aus, was somit genau zu unserem Weißbären passt.

Der Weißbär dachte sich, dass er zum Kauf eines Fortbewegungsmittels sicherlich auch über gewisse Zahlungsmittel verfügen muss. Leider besaß der Weißbär nur noch eine uralte Fischgräte, die im Zeitalter der Kreditfische fast nirgendwo mehr akzeptiert wird. Somit wollte es der Weißbär mal mit Arbeit probieren, denn er hörte, dass man dafür Geld bekommt.

Zuerst begegnete er einem Schneehasen und trug diesem sein Anliegen vor. Der Schneehase sagte, er sei Hasenzüchter, und die Ernährung seiner Junghasen bereitet ihm immer Schwierigkeiten. Er wollte dem Weißbären einen Diamanten schenken, wenn er für einen Monat das Essen für die Junghasen besorgt. Den Diamanten fand der Schneehase übrigens bei archäologischen Ausgrabungen, denn der Hase ist rein hobbymäßig an der Geschichte der Schneesaurier interessiert.

Nun überlegte der Weißbär, wie er zu so viel Futter kommen sollte. Vor allem fressen Hasen doch gar keinen Fisch, sondern eher Gräser, Kräuter und Zwergsträucher (ja, unser Weißbär ist gebildet). Er rannte zum Meer, wo rein zufällig ein Schiff vorbeikam, was voll mit Gras beladen war. Der Weißbär nahm seine Harpune (ein Stock, woran ein Taschenmesser befestigt wurde), und enterte das Schiff. Die Besatzung hat vermutlich geschlafen, so dass sich der Weißbär große Mengen an Gras ausgeliehen hat, was er selbstverständlich irgendwann wieder gutmachen wollte (vielleicht so in 20 Jahren).

Der Schneehase freute sich riesig über die 35 Tonnen Gras, die vermutlich noch etliche Jahre reichen werden, so dass auch kommende Generationen nicht verhungern müssen.

Anschließend begab sich der Weißbär zu einem Autohändler. Ein Polarwiesel trieb dort sein Unwesen. Eine alte Weisheit sagt, Polarwiesel verkaufen zwei Eier zum Preis von drei Eiern und lassen den Käufer glauben, er habe vier Eier gekauft, so dass diese sich so geehrt fühlen, um noch ein fünftes Ei zum Preis von sechs Eiern zu kaufen. Doch da der Weißbär nicht auf den Kopf gefallen ist, würde er das Polarwiesel sofort durchschauen. Nachdem der Weißbär seinen Wunsch äußerte (Luxuslimousine, Ledersitze, Nichtraucherfahrzeug, Feuerlöscher usw.), zeigte ihm das Polarwiesel einen seiner Meinung nach fast fabrikneuen Ford Modell T. Der Weißbär wusste, dass dieses Auto schon seit fast 80 Jahren nicht mehr hergestellt wurde. Und so sah es auch aus. Das Fahrzeug bestand zum großen Teil aus Rost, 4 Räder fehlten, Scheiben waren vermutlich nie vorhanden. Selbst der Motor war bereits ausgebaut. Als sich der Weißbär dazu äußerte, wollte das Wiesel dem Weißbär wegen dieser kleinen Mängel einen Nachlass von 5 Mark geben (Der ursprüngliche Preis war 50000 Mark). Mehr könnte er allerdings nicht mehr runtergehen, sonst würde er sich noch selbst ruinieren (so jedenfalls die Meinung des Wiesels).

Der Weißbär stellte das Polarwiesel als hinterlistigen Betrüger hin, verabreichte ihm die altbewährte Kopfmassage, und entfernte sich wieder. Als nächstes probierte es der Weißbär bei einem Präsidentenpinguin, den er zufälligerweise leicht angeheitert auf einer Parkplatztoilette traf (was er dort wollte, kann man sich bestimmt denken). Der Pinguin wollte noch 50 Pfennige für den Hand-, Flügel-, Pfoten- und Flossentrockner gewechselt haben (in Grönland macht man sozusagen mit „Ausscheidungsprodukten“ Geld). Danach drängelte er dem Weißbären sofort ein Gespräch auf. Dem Pinguin war es in der Antarktis aufgrund der niedrigen Temperaturen zu kalt geworden, so dass er mit einer Handtasche nach Grönland auswanderte, um sich dem Automobilhandel zu widmen und ein Imperium aufzubauen (Telefonzellen schienen dem Pinguin hier doch nicht rentabel zu sein). Der Präsidentenpinguin hatte scheinbar reichlich Beziehungen, denn er hatte sogar zwei Fahrzeuge auf Lager. Das eine war eine noch nicht ganz so verrostete blaue Schwalbe (Baujahr 1975, 49,6 cm³, 3,7 PS, erst 2,18 Millionen Kilometer, echte Kunstledersitzbank, viereckige Rücklichter und Auspuff auf der linken Seite), die er vor etlichen Jahren von einem jugendlichem DDR-Bürger erstand (er gab ihm dafür eine offensichtlich kapitalistische, nicht jugendfreie Zeitschrift, welche ihn sofort überzeugte, das Prunkstück zu verscherbeln). Bei dem anderen Fahrzeug handelte es sich vermutlich um ein Gelände-Cabriolet-Coupé mit extravagantem Design (es könnte auch ein billiges Baufahrzeug, eine praktische Planierraupe, ein pakettaugliches Postauto oder ein geistesabwesender Abschleppwagen gewesen sein). Es hatte etwa 20 verschiedene Farben und erweckte den Eindruck, als ob jemand das Ding selbst zusammengebastelt hat.

Der Weißbär fragte den Präsidentenpinguin, was die Schwalbe kostete (das andere Gefährt wollte er doch jemand anders überlassen). Der Pinguin erläuterte, dass es sich hierbei um einen Oldtimer handelte, und das es nur noch wenige Exemplare gibt, so dass er die Schwalbe unmöglich unter 10000 Mark verkaufen könnte - und selbst das sei ein äußerst nach unten kalkulierter „Selbstruinierungspreis“. Durch „Überredungskünste“ konnte der Weißbär den Pinguin überzeugen, ihm die Schwalbe ausnahmsweise zu schenken (wegen des schönen Wetters). Weiterhin bekam er noch einen Bierfass mit Benzin (Benzinkanister hätten schon wieder Geld gekostet).

Der Weißbär dachte sich, dass er mit diesem Moped keine großen Strecken zurücklegen könnte. Aber er wollte damit wenigstens bis zum nächsten Autohändler kommen. In Grönland gibt es ja bekanntlich nicht so viele Autohändler (die Ursache dafür ist allerdings noch nicht genau geklärt). Bereits nach zweitausendneunhundert Kilometern - welche dem Weißbären irgendwie ganz schön lang vorkamen - gelangte er an ein weiteres schäbiges Autohaus (eine dach- und wandlose Baracke ohne  Türen und Fenster), welches einer gescheckten Gebirgswasserratte gehörte, und die der Weißbär kaum erkannte, weil sie so klein war. Die Ratte spezialisierte sich auf große Fahrzeuge, da sie selbst unter Platzangst litt.

So stand unter anderem ein LKW dort. Er war tarnfarben (also weiß), und man konnte ihn höchstwahrscheinlich zum Transport von größeren Gegenständen (Streichholzschachteln?) benutzen. Der Weißbär dachte sich, dass hier auch seine Angel und die gefangenen Fische hineinpassen würden. Jedoch wollte er erst ein Probefahrt machen. Die Gebirgswasserratte entgegnete jedoch, es sei immer besser, ein Fahrzeug erst nach dem Kauf zu testen, weil es seinen Eigentümer immer besser behandelt als einen - nach Meinung des Fahrzeuges - durchgeknallten potentiellen Käufer. Der Weißbär glaubte diesen Quatsch natürlich nicht. Er nahm sich den Zündschlüssel, stieg in den LKW und gab voll Stoff (wie er es ja gewöhnt war). Als der Weißbär bei ca. 120 km/h war, wollte er durch reinen Zufall einmal die Bremswirkung testen. Denn auf funktionsfähige Bremsen legte der Weißbär großen Wert, weil es vorkommen könnte, dass man nicht an der Stelle anhält, wo man anhalten wollte (und dann evtl. wieder zurücklaufen muss).

Wahrscheinlich hatte es der Weißbär schon gerochen (wie Fisch?), denn es stellte sich heraus, selbst nachdem der Weißbär die Bremsen voll durchgelatscht hatte, zeigte sich keine Reaktion. Das Fahrzeug fuhr direkt auf das Wasser zu. Der Weißbär entschloss sich, aus dem Fahrzeug rauszuspringen, denn er wollte jetzt noch nicht in den Tod fahren (es schuldete ihm noch jemand 20 Mark). Nachdem der LKW den Wasserrand erreicht hatte, machte er auch keine Schwierigkeiten mehr, klatschte auf das kalte und nasse Wasser und ging ohne Fragen zu stellen einfach unter.

Als der Weißbär zum Autohaus zurückkam, war die Gebirgswasserratte verschwunden. Wahrscheinlich dachte sie, der Weißbär wollte sie zermatschen wie eine überreife Melone (zufälligerweise hatte sie richtig gedacht).

Der Weißbär war nun ziemlich frustriert, denn scheinbar gab es in ganz Grönland kein einziges anständiges Auto zu kaufen. Kurz danach kam ein Diamantenhamster mit einem nahezu protzigen Auto vorbeigefahren. Der Diamantenhamster stieg aus und fluchte. Der Weißbär fragte den Hamster, warum er sich so sehr aufregte. Da erzählte der Hamster, dass schon wieder der Aschenbecher voll sei, und dass er wieder ein neues Auto gebrauchen könnte. Eigentlich wollte er sich das Rauchen ja abgewöhnen, aber nach dem gestrigen Streit mit seiner Frau (sie wünschte sich nach 24 Kindern noch einen weiteren Wurf, aber er konnte sich doch so viele Namen nicht mehr merken) habe er sich in sein neues Auto gesetzt und aus der Stress-Situation heraus gleich mal zwei oder drei Schachteln geraucht. Als sie alle waren, stellte er fest, dass er auf einmal hier angekommen war (er wohnte in Südafrika). Aus Zeitgründen schenkte er dem Weißbären sein Auto (was nützt es ihm, wenn der Aschenbecher voll ist, und der Ehekrach noch nicht ausgestanden ist). Er rief noch schnell irgendwo an. Nach fünf Minuten war auch schon ein Hubschrauber da, welcher den Diamantenhamster abholte. Zwischendurch erzählte er dem Weißbären noch, dass er von Beruf Diamantenhamster sei (als ob sich der Weißbär das nicht denken konnte). Er hamsterte also Diamanten. Angeblich fand er schon ziegelgroße Diamanten, welche ihm ein Vermögen einbrachten. Vor einigen Monaten trat er dann in den vorzeitigen Ruhestand, da er es nicht einmal schaffte, seine Zinsen zu verprassen (natürlich aus Zeitgründen).

Der Weißbär schaute sich nun das Auto genau an. Es besaß einen hubraumvergrößerten Ferrari-Motor mit 700 PS und einen manipulierten Porsche-Motor, der wahrscheinlich auch so einige PS hatte. Das Fahrzeug hatte eine Länge von ungefähr 6 Metern und sah wie ein Mittelding zwischen einem 79er Chevrolet Corvette für Raucher, einem 91er Lamborghini Diablo ohne Airbag und einem gebirgsuntauglichen Panzer aus dem ersten Weltkrieg aus (unser Weißbär ist ja ein wahrer Autokenner). Das Innenleben des Fahrzeug war sehr ansprechend. Fernseher, Videorecorder (und Videos wie der langgezogene Monumentalfilm „Das Weiß lebt“, der Psycho-Thriller „Verschollen ist die Eisscholle“ und der packende und weißkalte Action-Film „Weißbären-Massaker“), Stereoanlage, Telefon, Computer (sogar mit dem Strategiespiel „Der Weißbär als Weltbeherrscher“ - natürlich das Lieblingsspiel unseres Weißbären), Bar, Kühlschrank, Mikrowelle und ein Fach für Kaviar galten für den Hamster wahrscheinlich als unentbehrlich.

Die Tachoanzeige ging bis zu 600 km/h. Das konnte der Weißbär allerdings nicht so richtig glauben. Aber er fuhr gleich mal los. Als er bei 476 km/h war, kam er an einer Baustelle vorbei (wo 30 km/h erlaubt waren). Leider blitzte hier die Polizei, was der Weißbär zunächst gar nicht mitbekam (genauso wenig, wie die Baustelle, die er in 0,12 Sekunden passierte). Doch da der Weißbär ein bisschen Kaviar essen wollte, fuhr er wesentlich langsam weiter (so 50 km/h). Nach drei Stunden (es war noch reichlich Kaviar da) holte ihn ein Polizeiauto ein. Die Polizei stand nämlich auch gleich an der Baustelle, um gleich abzukassieren.

Der Weißbär hielt an. Er wusste nicht genau warum (ist es etwa verboten, während der Fahrt Kaviar zu essen?), aber er hielt sich selbst für einen pflichtbewussten Bürger. Aus dem Polizeiauto stieg eine junge Weißbären-Polizistin aus. Nach Aufklärung der Sachlage wollte die Polizistin 3000 Mark Bußgeld für die Geschwindigkeitsüberschreitung (so ein grober Verstoß sei ihr in ihrer ganzen Laufbahn noch nicht vorgekommen) und weitere 5000 Mark für verschärfte Fahrerflucht. Die Polizistin sagte, dass der Führerschein vermutlich für 50 Jahre weg sei, und sogar eine Freiheitsstrafe von mindestens 15 Jahren in Erwägung gezogen wird.

Der Weißbär entgegnete, so riesig sei die Geschwindigkeitsüberschreitung ja nun auch wieder nicht gewesen (gerade mal 446 km/h zuviel!!). Er bot der sympathischen Weißbären-Polizistin ein Kaviarbrötchen an, und ein hypnotisierender Blick des Weißbären brachte die Polizistin dazu, die Strafe auf 50 Pfennig Verwarnungsgeld herabzusetzen, denn man achtet ja doch nicht immer so genau auf den Ausschlag der Tachonadel.

Da der Weißbär geschickt im verhandeln war, wollte er die 50 Pfennige allerdings nur bezahlen, wenn ihn die Weißbären-Polizistin am Wochenende zum Essen einladen würde. Die Polizistin war einverstanden und gab ihm sogar noch ihre private Telefonnummer.

So ist doch noch alles gut ausgegangen. Der Weißbär war mit seinem Auto sehr zufrieden (bis auf den Benzinverbrauch von 40 Litern auf 100 Kilometer). Und auch mit seiner neuen Bekanntschaft, welche ja über ein regelmäßiges Einkommen verfügte, und ihn sogar öfter mal auf ein Eis einlud. Und damit ist diese Episode mit dem Weißbären auch schon an ihrem Ende angelangt.

Zurück Nach oben Weiter

© & P 14.11.1997 by Thomas Bunge Production

All rights reserved.

Weißbär is a registered trademark of Thomas Bunge Production.  

© 2001 - 2007 by Thomas Bunge Production All rights reserved.       Stand: 18.02.07

Weißbär / Fahrzeugkauf / Führerschein / Schwalbe / Grönland

Weißbär - it's very cold baby

Fahrzeugkauf - vertraue dem Polarwiesel - es führt dich über's Glatteis

Führerschein - Notwendigkeit oder Illusion?

Schwalbe - stimmt die Geschwindigkeit der Maschine mit der des Vogels überein?

Grönland - ein beliebtes Urlaubsziel oder Abzocke der einheimischen Bevölkerung (also des Weißbären)?